Er glaubte fest daran, der Sohn des Gottes Zeus zu sein. Er hatte neben seinem Kurzschwert auch die Sagen von Troja unter seinem Kissen. In seinen zahlreichen Schlachten bewies er sein außerordentliches Gespür für taktische Kriegsführung und besiegte schließlich die Supermacht Persien. Sein Ziel war es, die griechische Zivilisation bis ans "Ende der Welt" auszuweiten und mit anderen Kulturen zu verschmelzen. Sein Heer legte über 18.000 Kilometer zurück, bis es schließlich Indien erreichte und den großen Herrscher zur Umkehr zwang. Unzählige Legenden berichten von diesem erstaunlichen Feldherrn. Wer war Alexander der Große, der innerhalb von knapp zehn Jahren das größte Reich in der Geschichte der Antike errichtete, wirklich?
Alexander der Große wurde am 20. Juli 356 vor Christus in Makedonien, einem ehemals unbedeutenden Königreich im Norden Griechenlands geboren. Sein Vater Philipp II. hatte die Gold- und Silbervorräte des Landes geschickt genutzt, um ein Heer aus Berufssoldaten auszubilden. Mit dieser kampfbereiten Soldatentruppe war er bereits mehrfach siegreich gegen das Reich der alten Griechen, das damals aus zahlreichen, sich bekriegenden Stadtstaaten bestand, ins Feld gezogen.
Olympias, die Mutter Alexanders, war Philipps vierte Frau. Sie behauptete, in direkter Linie von Achill abzustammen - ein gottgleicher Held aus der griechischen Mythologie. Daraufhin glaubte auch Alexander bald an seine göttliche Abstammung. Angeblich hielt Olympias sich sogar eine Schlange als Haustier. Da sich der oberste Gott Zeus einer Legende nach manchmal in Gestalt einer Schlange zeigte, entstand bald das Gerücht, Alexander sei ein Kind des Zeus.
Angeblich war Alexander kleinwüchsig und hatte eine schiefe Körperhaltung. Über der Stirn trug er einen charakteristischen Haarwirbel und seine Augen sollen geleuchtet haben. Er wuchs am makedonischen Hof in Pella auf. Im Alter von 13 Jahren übernahm der berühmte Philosoph Aristoteles seine Ausbildung. Er weckte in Alexander das Interesse für Politik, Philosophie, Kultur und Naturwissenschaften. Außerdem unterrichtete er ihn in griechischer Literatur und las mit ihm die "Ilias" des berühmten Dichters Homer, in der es um den Kampf um Troja geht. Später sollten die beiden sich öfter streiten, da ihre Vorstellungen von Politik und der richtigen Staatsform auseinandergingen.
Die Legende von Bucephalos
Als Alexander zwölf oder 13 Jahre alt war, bot man Philipp II. einen wunderschönen, wilden Hengst an. Der junge Alexander schaute eine Weile zu, wie die Männer seines Vaters vergeblich versuchten, das Pferd zu reiten. Schließlich bat Alexander seinen Vater, es auch einmal probieren zu dürfen. Philipp II. war nicht gerade begeistert. Schließlich sollte der Prinz irgendwann in seine Fußstapfen treten und nicht vorher beim Reiten ums Leben kommen.
Doch Alexander hatte beobachtet, dass das Pferd Angst vor seinem eigenen Schatten hatte. Deshalb soll der junge Prinz das Tier mit dem Kopf gegen die Sonne gestellt haben, sodass es seinen Schatten nicht sehen konnte. Dann schwang er sich auf seinen Rücken und galoppierte der Sonne entgegen, bis das Tier sich beruhigt hatte, so sagt man. Als er an den Hof zurückkehrte, soll sein Vater beeindruckt gesagt haben: "Sohn, suche dir dein eigenes Königreich, denn Mazedonien ist zu klein für dich!" Er schenkte ihm den Hengst und Alexander nannte ihn Bucephalos (Ochsenkopf), da er eine seltsam geformte Blesse auf der Stirn hatte. Bucephalos begleitete ihn bei allen Schlachten und bei der Eroberung seines Weltreiches. Angeblich ließ er sich auch später nur von Alexander reiten und ging sogar für ihn in die Knie, damit Alexander leichter aufsteigen konnte.
Alexander wird König
Mit 16 Jahren übernahm der junge Prinz stellvertretend die Regierungsaufgaben in Makedonien, wenn sein Vater in den Krieg zog. Im Jahre 338 vor Christus nahmen Vater und Sohn an der Schlacht von Chaironeia teil, die das Ende des griechischen Stadtstaates, der Polis, bedeutete und Makedonien die Vorherrschaft über Griechenland übertrug. Mit Ausnahme von Sparta, das erst später hinzukam, waren nun alle Städte im "Korinthischen Bund" vereint.
Kurze Zeit darauf wurde Philipp II. während einer Hochzeitsfeier ermordet. Er wollte sich von seiner Frau Olympias trennen. Böse Zungen behaupteten, Alexander und seine Mutter hätten den Mord in Auftrag gegeben, damit Philipp nicht wieder heiraten und einen weiteren Erben zeugen könnte. Alexander übernahm mit 20 Jahren im Jahr 336 vor Christus die Herrschaft über Makedonien. Er versprach, im Sinne seines Vaters zu regieren und ließ alle Zweifler gnadenlos hinrichten. Nachdem er auf diese Weise seine Position als Nachfolger gefestigt hatte, unternahm er einen Feldzug gegen die Thraker und Illyrer nördlich von Makedonien (dem heutigen Bulgarien und Rumänien). 335 vor Christus unterwarf er mit 20.000 Soldaten die griechische Stadt Theben, die es gewagt hatte, die Vorherrschaft Makedoniens infrage zu stellen. Alexander machte die Stadt dem Erdboden gleich und zwang deren Bürger in die Sklaverei.
Erste Erfolge auf dem Weg nach Persien
334 vor Christus startete Alexander mit 32.000 Soldaten, 5.500 Reitern und 160 Schiffen. Sein Ziel war nicht nur der Feldzug gegen die Perser und die Befreiung griechischer Kolonien in Kleinasien. Er wollte die griechische Kultur in der Welt verbreiten, Städte gründen und Neues erforschen. Daher begleiteten zahlreiche Wissenschaftler, Künstler und Priester den Feldzug. Mit Aristoteles stand Alexander in ständigem Kontakt und schickte ihm Berichte von seinen Beobachtungen und Erfahrungen.
Ein erster großer Sieg brachte Alexander die Schlacht am Granikos, bei der die Perser Alexanders Kriegsführung unterschätzt hatten. Kurz darauf eroberte er die kleinasiatische Westküste und danach das anatolische Binnenland. Schließlich besiegte sein Heer Gordion, die Hauptstadt der persischen Provinz Phrygien. Eine Legende berichtet, dass Alexander dort den berühmten "Gordischen Knoten" mit einem Schwert durchtrennt habe. Dieser besondere Knoten soll zu einem Streitwagen des Gottes Zeus gehört haben, dessen Zugjoch durch ineinander verknotete Seile mit der Deichsel verbunden war. Ein Orakel, also eine göttliche Offenbarung, hatte zuvor vorhergesagt, dass nur derjenige die Herrschaft über Asien erlangte, der den Knoten lösen könne. Noch heute versteht man unter der Redewendung "den Gordischen Knoten durchschlagen" die Auflösung eines kniffligen Problems mithilfe von ungewöhnlichen Mitteln. 333 vor Christus besiegte Alexander schließlich in der Schlacht bei Issos das persische Heer, obwohl dieses zahlenmäßig überlegen war. Der Perserkönig Dareios III. floh Hals über Kopf und ließ seine Soldaten im Stich. Darauf nimmt auch die bekannte Eselsbrücke "Drei-drei-drei - Issos Keilerei" Bezug.
Alexander zieht nach Ägypten und Persien
Nach dem Sieg über Dareios III. eroberte Alexander Syrien und Palästina und zog 332 vor Christus im alten Ägypten ein, wo der persische Stadthalter sich kampflos ergab. Ägypten feierte den Feldherrn als großen Befreier und ernannte ihn zum Pharao und zum Sohn des ägyptischen Sonnengottes Re. Alexander gründete zahlreiche Städte, darunter die nach ihm benannte Stadt "Alexandria". Bei einem Besuch der Oase Siwa wurde ihm im Orakel des Gottes Amon seine göttliche Herkunft bestätigt, was sein Vorhaben, seinen Feldzug fortzusetzen, bekräftigte. Nachdem Alexander Mesopotamien durchquert hatte, erreichte der Feldzug 331 vor Christus bei der Ebene Gaugamela (heute im nördlichen Irak), 450 Kilometer nördlich von Babylon, seinen Höhepunkt.
Diesmal war der Perserkönig Dareios besser gerüstet. Mit 200.000 Fußsoldaten und 40.000 Reitern, indischen Elefanten sowie 200 Streitwagen mit Schwertern an Joch und Wagenachse waren die Perser gut auf Alexander vorbereitet. Dieser hatte seinem Feind lediglich 40.000 Fußsoldaten und 7.000 Reiter entgegenzusetzen. Sein Heer bestand jedoch aus gut ausgebildeten Berufskämpfern und einer bereits unter Philipp erprobten Phalanx (einer Kampfformation), die wegen ihrer langen Spieße von Weitem an ein Stachelschwein erinnerte. Die Ausrüstung bestand aus Helm, Panzer, Kurzschwert, Schild und einer über fünf Meter langen Stoßlanze (Sarissa), mit der die Soldaten relativ beweglich waren. Auch diesmal brachte Alexanders Reiterabteilung (die so genannte Hetairenreiterei) durch eine riskante Attacke ins Zentrum des persischen Heeres die Entscheidung. Wie schon beim letzten Mal ergriff Dareios die Flucht und Alexander rief sich zum Herrscher von Asien aus. Kurz darauf zog er in Babylon und Susa ein und ließ sich nach der Ermordung des Dareios durch dessen Statthalter Bessos zum neuen Großkönig von Persien ausrufen.
Bis ans Ende der Welt
Doch der Titel des Großkönigs stellte den ruhelosen Alexander nicht zufrieden. Nachdem er 330 vor Christus Persepolis, eine der persischen Hauptstädte, aus Rache für die Zerstörung der Akropolis durch die Perser niedergebrannt hatte, unterwarf er bis 327 vor Christus das restliche Persien. Schließlich heiratete er die 13-Jährige baktrische Prinzessin Roxane und versuchte unter Protest der Makedonier das persische Hofzeremoniell einzuführen - alle Vorgänge am Hof sollten also nach persischen Bräuchen vonstattengehen. Dabei verlangte er von seinen Untertanen, dass sie sich ihm als Zeichen der Unterwerfung zu Füßen warfen (man nennt das auch "Proskynese"). Darüber hinaus begann Alexander Unmengen von Alkohol zu trinken, was ihn unberechenbar und streitlustig machte. Hinrichtungen waren an der Tagesordnung und die Makedonier begehrten mehrfach auf, was weitere Hinrichtungen zur Folge hatte.
Nach mehreren blutigen Auseinandersetzungen mit den Gebirgsvölkern Ostirans und Afghanistans erreichte Alexander schließlich Indien, wo er 327 vor Christus gegen den indischen König Poros und dessen Kriegselefanten siegte. Damit konnte er seinem Lehrer Aristoteles beweisen, dass das "Ende der Welt" nicht am Fluss Indus lag und danach nur noch "Okeanos", das "Große Meer" folgte. Die Welt ging noch ein ganzes Stück weiter, doch Alexanders Truppen waren nicht mehr bereit, ihrem Feldherrn weiter zu folgen. Indien mit seinen unbekannten Tieren und Pflanzen war ihnen unheimlich, der Monsunregen ließ ihre Waffen rosten und eine allgemeine Kriegsmüdigkeit machte sich breit. Alexander befahl den Rückzug, bei dem das Heer immer wieder von indischen Truppen angegriffen wurde. Bei einem der Gefechte bekam Alexander einen Pfeil in die Lunge, von dem er sich nie mehr wirklich erholen sollte. Bei dem Marsch durch die Gedrosische Wüste starben viele seiner Soldaten an Erschöpfung oder Wassermangel.
Alexanders letzte Jahre
324 vor Christus fand in der Stadt Susa eine Massenhochzeit zwischen Makedoniern und Iranerinnen nach persischem Ritual statt. Selbst Alexander, der bereits mit Roxane verheiratet war, heiratete Stateira, eine Tochter des Dareios, und Parysatis, eine persische Adlige. Damit wollte Alexander ein Zusammenwachsen zwischen Persern und Makedoniern erreichen. Darüber hinaus schickte er zahlreiche makedonische und griechische Soldaten zurück nach Griechenland, während er persische Soldaten ins Heer aufnahm. Er ernannte seinen Freund Hephaistion zum "Wesir", eine Art Minister, und bewies mit diesem "ungriechischen" Titel aufs Neue seine Vorliebe für die persische Kultur. 323 vor Christus kehrte Alexander nach Babylon zurück und begann, weitere Feldzüge zu planen. Er kümmerte sich um die Verwaltung seines Reiches und führte eine einheitliche Währung ein. Griechisch wurde zur Einheitssprache erklärt.
Während eines Trinkgelages im Mai 323 vor Christus erkrankte Alexander schließlich an einem unbekannten Fieber, das Anfang Juni zu seinem Tod führte. Er war gerade einmal 33 Jahre alt. Sein Leichnam wurde mumifiziert und zwei Jahre später in einem goldenen Sarkophag nach Ägypten überführt. Die Grabstätte von Alexander dem Großen ist allerdings bis heute nicht gefunden worden. Nach seinem Tod bekam Roxane einen Sohn, den sie ebenfalls Alexander nannte. Er war der einzige rechtmäßige Nachfahre Alexanders, wurde jedoch bereits als Kind ermordet. Ohne seinen starken Herrscher zerfiel das Weltreich Alexanders schnell. Die darauf folgenden Jahre gingen als "hellenistische Epoche" in die Geschichte ein, in der die Kultur der alten Griechen vorherrschend war.
Durch die Eroberungszüge Alexanders des Großen (356-323 vor Christus), verlor Athen seine bedeutende Stellung. Im Zeitalter des so genannten "Hellenismus" war die griechische Kultur schließlich in den drei großen hellenistischen Reichen, nämlich in Ägypten, Syrien und Makedonien, vorherrschend.
Die Reiche wurden jedoch später von den Römern erobert, die seit etwa 50 vor Christus die Führungsrolle übernahmen. In der Spätantike waren dann die lateinische Sprache und die römische Kultur dominierend. Was jedoch entscheidend ist: Auch Rom war zuvor eine Provinz griechischer Kultur gewesen - diese hatte also die römische entscheidend geprägt. So einflussreich, wie die griechische Kultur auf kommende Kulturen war, kann man sich nur schwer vorstellen, wie unser Leben heute aussehen würde, hätte es die alten Griechen nicht gegeben.